Rüttelboden, so stark ist keiner

Kennen Sie den Rüttelboden? Früher nannte man ihn auch Pflasterboden

Rüttelboden
Rüttelboden in LKW Werkstatt, Arbeitsgrube mit gelb/schwarz Markierung aus Keramik
In Vergessenheit

Schon so lange wie Fliesen und Platten verlegt werden, gibt es im Grunde genommen den Rüttelboden und trotzdem ist diese Verlegeart fast in Vergessenheit geraten. Seit Anbeginn der Fliesenkultur wurden die Platten in Mörtel gelegt. Es standen keine anderen Möglichkeiten zur Verfügung.

Anfänglich wurde ein Kalkmörtel angemischt und die einzelnen Platten eingelegt und eingeklopft. Mit der Zeit wurde der Kalk durch den Zement ersetzt. Das Gemisch aus Sand und Zement erhöhte damit auch die Druckfestigkeit der Beläge. Übrigens ist auch der Rohstoff für Zement natürlich Kalk. Erst mit der Industrialisierung wurde es möglich, den Kalk in Zement umzuwandeln, in Hochöfen wurde dieser gebrannt. Bis vor ca. 50 Jahren wurde diese Technik des Verlegens direkt in den frischen Mörtel praktiziert.

Berufsausbildung

In der Berufsausbildung zum Plattenleger wurde diese Technik bis vor wenigen Jahren noch vermittelt. Jedoch befand man die Verlegetechnik als nicht mehr zeitgemäss, das ist in Bezug auf den Wohnungsbau auch richtig. Der Rüttelboden kommt im Wohnungsbau auch nicht mehr zum Einsatz.

Haftvermittler und Zementüberzug wird eingebracht als Unterlage für den Klinkerbelag
Der Herkules

Jedoch für den Industriebau macht die Verlegemethode richtig Sinn. Durch den kompakten Aufbau ist der Rüttelboden der «Herkules» der Beläge. Der Rüttelboden wird im sogenannten Verbund eingebracht. Als erstes wird der Betonuntergrund dabei aufgeraut, um die Sinterschicht des Betons zu entfernen. Dabei eignet sich vor allem das Kugelstrahlen, um die oberste Betonschicht abzutragen. Mittels einer Schlämmschicht wird der darüber eingebrachte erdfeuchte Zementmörtel in einen sauberen Verbund gebracht. Die Oberfläche des Zementmörtels wird sauber abgezogen und nur mittelmässig verdichtet. Im noch frischen Zustand wird die Zementbojake aufgetragen. Diese dient als Kleber oder Haftvermittler zu dem eigentlichen sichtbaren Fertigbelag, dem Plattenbelag.

Rüttelboden die Handwerkskunst

Der Plattenbelag wird in Überstärke ausgelegt, das heisst eine Plattenstärke von über 15mm ist gefragt, um den Schwerlasten zu trotzen. Im immer noch frischen Zustand kommt nun der Akt, der dem Rüttelboden seinen Namen verleiht. Das Ganze wird nun vorgefugt und gerüttelt. Früher noch von Hand mit Klopfbrett und Handfäustel in mühsamer Kraftarbeit erledigt, kommen heute Rüttelmaschinen zum Einsatz. Die Handwerkskunst des Maschinenführers ist nicht mehr mit Muskelkraft gefragt, eher das Gefühl für den frischen Belag.

Homogene Fläche

Gleichmässig wird der ganze Rüttelbelag nun bearbeitet, keine Stelle darf ausgelassen werden. Durch das Vibrieren wird eine homogene Fläche erreicht, ohne Hohlstellen im Belag und ohne Überzähne. Durch das Verdichten wird die hohe Belastbarkeit des Rüttelbodens erreicht und gleichzeitig die Fugenüberfahrten nicht mehr hörbar.

Herkules Rüttelboden bereit für die Brummi’s
Schlussspurt

Zum Schluss werden die Fugen nochmals nachgeschlämmt und gefugt. Damit ist der Belag erstmals fertiggestellt. Zur Ausführungsdauer gehört auch die anschliessende Trocknungszeit. Nach sieben Tagen darf der fertige Belag wieder zu Fuss begangen werden. Aber erst nach 30 Tagen darf der Rüttelboden wieder belastet werden mit Rollmaterial wie z.B. Hebebühnen, Gabelhubwagen oder Rollgerüste. Vor der Übergabe empfiehlt es sich den Rüttelboden technisch abzusäuren. Zum einen um den Zementschleier zu entfernen und zum anderen erleichtert es anschliessend die tägliche Pflege. Der Rüttelboden oder auch Pflasterboden meistert nun jede Schwerlast.

Autor: Reto Hänni
Kategorie
Fachartikel
Thema
Rüttelboden
Veröffentlichung
März 2019
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